Ja, ich bin Twitter-Tussi. Na und?

Wäre ich eine Frau, hätte ich es möglicherweise nicht so lustig gefunden, einfach nur meine Arbeit zu machen und dafür von einem Online-Medienmagazin als „Twitter-Tussi“ tituliert zu werden. Als männliche Twitter-Tussi fand ich es einigermaßen komisch. Denn wenn wir alle einfach mal einen Schritt zurücktreten und mit etwas Abstand auf uns gucken, ist das doch Realsatire, was wir da treiben: Tweets in anderen Medien vorzulesen. Oder? Zunächst mal: Natürlich kann man über den Meedia-Artikel streiten. Wahrscheinlich ist er auch nicht besonders geglückt als Satire – vor allem ist es wahrscheinlich sogar ziemlich unnötig, Kolleginnen namentlich zu nennen. Viel lustiger wäre es wahrscheinlich gewesen, eine anonyme Klischee-Twittertussi zu beschreiben. Ob ich den Artikel sexistisch finden soll, wie es viele kritisieren? Keine Ahnung. Vermutlich müsste ich dazu eine Frau sein. Tatsache ist – und das wird auch in dieser Satire deutlich: Es ist im Fernsehen (und ich möchte persönlich ergänzen: im Radio) gerade mega-angesagt, aus dem Internet vorzulesen. Wenn man das lustig findet, kann man sich auch darüber lustig machen. Man kann auch ein paar Interviews zu diesem Phänomen machen. Ist auch lustig, aber auch irgendwie ernsthaft. Vielleicht besser. ...

November 9, 2012 · 4 min · Titus Gast

Respekt!

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle was über den Niedergang Apples die Normalisierung Apples schreiben. Denn ich habe mich vorletzte Nacht mit den neuesten Produkten dieses Unternehmens beschäftigt und fand sehr bemerkenswert, was ich sah und vor allem nicht sah. Doch dann kam alles anders. Was ich zum iPhone 4S und dessen Vorstellung zu sagen habe, habe ich an anderer Stelle bereits aufgeschrieben. Ich habe lange überlegt, ob es mir im Nachhinein angesichts des Todes von Steve Jobs vielleicht ein bisschen leid tun müsste, dass ich mich nur Stunden zuvor noch hämisch über die mangelnde Innovationskraft von Apple hergemacht habe. Vermutlich war meine These, dass man in Cupertino in den letzten Monaten sehr mit sich selbst beschäftigt war, näher an der Wahrheit als ich ahnte. Doch das ist nun alles irgendwie relativ. ...

October 6, 2011 · 2 min · Titus Gast

Was ist Privatsphäre? Gedanken zu einer hysterischen Diskussion

Erst war es Google Street View. Dann Google Buzz. Zuletzt Facebooks neue Datenschutzbestimmungen. Wenn man sich die Reaktionen auf diese Dienste anschaut, könnte man meinen, wir alle wären diesen bösen Internetvampiren da draußen hilflos ausgeliefert, die nichts anderes wollen, als alle verfügbaren Informationen aus uns raussaugen und verkaufen. Ich fühle mich meistens unwohl in solchen Diskussionen – denn ich lerne dabei jedes Mal ein Internet kennen, das ich gar nicht kenne. Das Internet der bösen Datenkraken. Das Internet der dümmsten anzunehmenden User. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Es ist nur das Internet der Hilflosen. ...

April 10, 2010 · 10 min · Titus Gast

Krisenbilder: Eine kleine Geschichte

Wenn mich jemand fragen würde, was das für ein Bild da oben im Header zu diesem Blog ist, ich würde antworten: Das ist das Bild zur Krise. Zur Zeitungs- und Medienkrise. Und deshalb möchte ich doch die ganze Geschichte dieses Bildes erzählen. Wir befinden uns irgendwo an der italienischen Adriaküste, irgendwann in einem Sommer, irgendwann weit nach dem Jahr 2009. Das war das Jahr, in dem alles begann. Die Medienkrise, die in den USA schon die ersten Zeitungen dahingerafft hatte, kam nach Europa. Wie schon zuvor in den USA, gab es nun auch hier immer mehr Blätter, die seit Monaten keine Gewinne mehr machten, weil immer mehr Abonnenten das Blatt abbestellten. Viele Lokalzeitungen erschienen nur noch ein- bis zweimal pro Woche, andere machten ihre Lokalredaktionen dicht, wieder andere fusionierten mit größeren Konkurrenten. In Deutschland wurden die Rundfunkgebühren drastisch erhöht, wobei ARD und ZDF nur noch zwei Drittel ihrer früheren Gebühreneinnahmen zur Verfügung standen, der Rest floss als „Programmförderung“ an private Medienunternehmen. Seitdem hat zwar eine beispiellose Fusionswelle öffentlich-rechtliche und private Medienhäuser erfasst, aber es gibt immerhin noch in jeder Großstadt mindestens eine Zeitung, die oft sogar noch von einigen Hundert Menschen gelesen wird. Restauflagen werden sonntags in der Kirche verteilt. ...

January 15, 2010 · 4 min · Titus Gast

App-Debatte: Viel Lärm um Nullkommairgendwas

Heissa, was für ein Weihnachtsgeschenk! So eine schöne Medien-Debatte zum Jahresende bzw. -anfang gab’s doch lange nicht mehr: Nach den endlich überwundenen Auseinandersetzungen um den neuen Rundfunkstaatsvertrag wird jetzt die nächste kapitale medienpolitische Sau durchs analoge Dorf getrieben: Darf die ARD iPhone-Apps für Nachrichten anbieten? Schließlich könnten sich Verlage dadurch in ihrer Existenz bedroht fühlen. Ich habe mal ein paar Zahlen zum Thema zusammengetragen. Worum geht’s in der Debatte? Kurz zusammengefasst: tagesschau.de hat eine kostenlose App angekündigt. Der Springer-Verlag verlangt für seine Bild.de- und Welt-Online-Apps jeweils Geld und will künftig iPhone-Besitzer auch für einzelne Inhalte extra zahlen lassen. Sprich: Springer probiert Bezahlinhalte auf dem iPhone (und iPod touch, das muss man immer wieder dazu sagen) aus. Deswegen verzerrt die ARD mit ihrer Gratis-App den Markt, sagt Springer. Tut sie nicht, und es entstehen dem Gebührenzahler damit auch keine nennenswerten Kosten, erklärt z.B. ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im tagesschau-Blog (hier und hier). Wie diese Debatte geführt wird und worum es möglicherweise wirklich geht, hat Thomas Lückerath im Medienmagazin DWDL sehr schön beschrieben. ...

January 4, 2010 · 10 min · Titus Gast